Schleiden, (iba) – „Ich spüre hier im Raum eine große Energie und die Freude auf Austausch“, sagte Aachens Bischof, Dr. Helmut Dieser. Ausdrücklich lobte er das hohe Engagement der Teilnehmer. „Ich freue mich, dass Sie so sehr dafür brennen, den Glauben weiterzugeben.“ In der Bischöflichen Clara-Fey-Schule in Schleiden haben rund 130 Menschen unter dem Motto „Jesus überall begegnen“ darüber diskutiert, wie die Zukunft der katholischen Kirche aussehen könnte. Mit dieser zweiten Runde von Themenforen ging der synodale Gesprächs- und Veränderungsprozess „Heute bei dir“ des Bistums Aachen weiter. Nach einem ersten Treffen im vergangenen Mai in Mönchengladbach folgt noch am 29. Juni eine dritte Veranstaltung in Aachen im Bischöflichen Pius-Gymnasium. Anmeldungen dafür sind unter www.heute-bei-dir.de möglich.
Inhaltlich ging es jetzt in Schleiden um die verschiedenen Orte von Kirche wie beispielsweise Kindertagesstätten, Schulen, Jugend- und Bildungseinrichtungen. Wie ist der Stand der jeweiligen Themen in der Diözese, was gibt es, was nicht? Wo ist Veränderungsbedarf, was muss bewahrt werden? In den vergangenen Monaten hatten Teilprozessgruppen – Kleingruppen aus allen gesellschaftlichen Bereichen –, umfangreiche Analysen angestellt. Diese Zwischenergebnisse wurden jetzt vor einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert. Alle Interessierten konnten anhand der Methode „World Cafe“ die Erkenntnisse kommentieren und ergänzen.
Die Teilprozessgruppe „Kindertagesstätten als Orte von Kirche“ identifizierte die Einrichtungen als „Spiegel der Gesellschaft mit hohem gegenseitigen Lernpotential“. Durch pädagogische Qualität, Nähe, professionelle Distanz und christlich geprägte Haltungen erführen die Kinder dort neben der Betreuung eine Begleitung durch das Leben. Außerdem würden in den Kindertagesstätten häufig Berührungspunkte zwischen verschiedenen Religionen und Weltanschauungen geschaffen. Doch gebe es auch immer weniger Bezüge der Mitarbeiter zur katholischen Kirche und schwindendes christliches Grundwissen. Die Motivation, sich dieses anzueignen, gebe es, allerdings bräuchte es die Unterstützung, Glaubensinhalte zu stärken. Bei Eltern genießen katholische Kindertagesstätten laut der Analyse grundsätzlich ein hohes Vertrauen. Gelobt wurde die Vernetzung mit den Kirchengemeinden und den pastoralen Mitarbeitern.
Die Schule sei vielfach der erste Kontaktpunkt für Schüler mit Kirche und damit als „Ort der Glaubenserfahrung von nicht zu unterschätzender Relevanz“, stellt die Teilprozessgruppe fest. Im Religionsunterricht könne der Schatz der christlichen Botschaft vermittelt werden.
„Jugend- und Bildungseinrichtungen als Orte von Kirche“ erreichen nach Aussage der Teilprozessgruppe mit ihren Angeboten viele Menschen aus unterschiedlichen Milieus, die sonst wenig Berührungspunkte zur Kirche haben. Viele Besucher befänden sich in prekären Lebenssituationen, die Angebote würden dankend angenommen und als „wirkliche Hilfe und halt- und orientierungsgebende Unterstützung empfunden“. Die Einrichtungen würden häufig als zweite Heimat empfunden. Ihr Bedarf sei wegen ihrer hohen Wirksamkeit und des praktischen Ansatzes steigend: Als Chance, zur Ruhe zu kommen, Seelsorge zu erfahren, neue Menschen kennen zu lernen oder sich fortzubilden. Problematisch sieht die Teilprozessgruppe den gestiegenen bürokratischen Aufwand und den wirtschaftlichen Druck., der die Planungssicherheit einschränke.
Ein Ansatzpunkt der Teilprozessgruppe „Andere Orte von Kirche“ war, dass die Suche nach Sinn und Spirituellem in der heutigen Zeit nicht mehr an die Kirche gebunden sei und herkömmliche kirchliche Orte ihre Attraktivität und ihren Sinn verlören. Wichtig seien heute Faktoren wie Gemeinschaft, Heimat, persönlicher Kontakt, gemeinsames Essen, Traditionen, Rituale – oftmals mit der Grundhaltung der Menschen: Gott in allem suchen und finden. Das geschehe nicht mehr automatisch in Kirchen, sondern an Orten, „wo sich Menschen treffen“. Insofern müsse die katholische Kirche, statt die Menschen in ihre „Zentren“ zu rufen, wieder auf den „Markt“ gehen - dorthin, wo die Menschen sind. Zu wenig präsent sei die Kirche beispielsweise an Stätten der Kunst, in Parks, im öffentlichen Straßenraum oder auch in den digitalen Welten.
Am Ende des Tages zogen die Teilnehmer des Themenforums ein positives Fazit. So lobten sie die offenen, lebendigen Diskussionen, die von Ideenreichtum, Vielfalt und Mut zur Veränderung geprägt gewesen seien. Diese zeugten von der Glaubwürdigkeit des synodalen Gesprächs- und Veränderungsprozesses. Die Gespräche der „World Cafes“ seien eine Bestätigung der bisherigen Ergebnisse der Teilprozessgruppen und Bereicherung durch neue Aspekte gewesen. Die Teilnehmer hoffen, dass die Ergebnisse der Teilprozessgruppen zur Veränderung der Kirche beitragen.
„Der Tag heute hat mir Mut gemacht, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, freute sich Bischof Helmut Dieser über die engagierte Beteiligung. „Wir haben heute erlebt, dass die Kirche in den Menschen selbst ist.“
Am Samstag, 29. Juni, wird im Bischöflichen Pius-Gymnasium in Aachen zwischen 10 und 17 Uhr zum Thema „Den Glauben leben“ weiter diskutiert – und jeder Interessierte kann mitmachen.
„Heute bei dir“ ist der synodale Gesprächs- und Veränderungsprozess im Bistum Aachen, den Bischof Dr. Helmut Dieser in seiner Silvesterpredigt 2017 ausgerufen hat und der Ideen für die Zukunft der Kirche sucht. Bei den Themenforen in der Bischöflichen Marienschule Mönchengladbach (18. Mai, Handlungsfeld 2 „Den Menschen dienen“), der Bischöflichen Clara-Fey-Schule Schleiden (15. Juni, Handlungsfeld 3 „Jesus überall begegnen“) oder im Bischöflichen Pius-Gymnasium Aachen (29. Juni, Handlungsfeld 1 „Den Glauben leben“) wurden und werden die Erkenntnisse der 13 Teilprozessgruppen diskutiert und der Öffentlichkeit vorgestellt. Jeder Interessierte kann daran teilnehmen, ob er der katholischen Kirche nahesteht oder auch nicht. Anmeldungen und alle Infos unter: www.heute-bei-dir.de (iba / Na 045)