Entscheidung für Erhalt der Dörfer muss früher getroffen werden

Stellungnahme von Bischof Dr. Helmut Dieser zur Leitentscheidung 2021 - „Menschen in Erkelenz brauchen Klarheit für die Zukunft.“ - Strukturwandel als große Herausforderung. Lebensraum ökologisch gestalten.

Bischof Dr. Helmut Dieser (c) Bistum Aachen / Andreas Steindl
Bischof Dr. Helmut Dieser
Datum:
Mo. 5. Juli 2021
Von:
iba

Aachen, - Bischof Dr. Helmut Dieser blickt mit tiefer pastoraler Sorge auf die Situation der Menschen in Erkelenz und Umgebung, die von der Umsiedlung auf Grund des Braunkohletagebaus betroffen sind: „Wir erleben in den Gemeinden eine erhebliche Verunsicherung.“ Der bereits erfolgte und noch drohende Verlust des angestammten Wohnumfeldes stelle eine enorme psychische Belastung für die Menschen dar. 

In diesem Zusammenhang kritisiert Bischof Dieser, dass die im März getroffene Leitentscheidung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen der Bevölkerung in den Orten Keyenberg, Beverath, Kuckum sowie Ober- und Unterwestrich keinerlei Planungssicherheit gibt. Die Entscheidung über die bergbauliche Inanspruchnahme wurde auf 2026 verschoben. „Das wirft für ganz viele Menschen grundlegende Fragen auf und führt zu großen Belastungen“, so Bischof Helmut Dieser. Manche derer, die sich nach jahrelangem Ringen in die erzwungene Umsiedlung gefügt haben, fragen sich nun, ob die Entscheidung richtig gewesen ist. Andere Umsiedler leiden darunter, dass die erneute Diskussion es schwer macht, wirklich abzuschließen und den Neubeginn zu gestalten. Der Aufbau eines neuen Miteinanders in den neuen Orten ist eine große Herausforderung für die Menschen, die sich von ihrem Heimatort verabschieden müssen. Einige stehen auch vor der Frage, ob sie bei einem Erhalt der Dörfer dorthin zurückkehren wollen und können. Diejenigen, die noch in der Entscheidung über eine Umsiedlung sind, fragen sich, ob sie die ungewisse Entwicklung abwarten oder sich für den Erhalt der Orte einsetzen sollen. Jene schließlich, die sich für das Bleiben entschieden haben, fragen sich, wie lange sie noch kämpfen müssen und ob sie ihr Ziel erreichen werden.

„Weitere fünf Jahre Ungewissheit sind für die Menschen nur mit starken Belastungen und Einbußen zu ertragen. Eine Verlängerung des Schwebezustandes bis ins Jahr 2026 lässt die Menschen mit ihrem Lebensglück dafür bezahlen“, sagt Bischof Dieser. „Die Menschen brauchen Klarheit für ihre Zukunft.“ Er fordert eine wesentlich frühere Entscheidung für den Erhalt der bedrohten Orte und für einen breit angelegten Prozess der Neugestaltung. Zugleich müssten die Umsiedler beim Aufbau der neuen Orte und bei der Gestaltung des Miteinanders weiter unterstützt werden.

Mit dem Eintreten für den Erhalt der Dörfer verbindet Bischof Dieser auch die Forderung nach einem früheren Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die Reduktion der Treibhausgase muss deutlich über das hinausgehen, was durch die aktuelle Leitentscheidung vorgegeben ist. Der mit dem Kohleausstieg verbundene Strukturwandel ist eine große Herausforderung. „Der Lebensraum muss nach ökologisch vertretbaren Kriterien gestaltet werden und den Menschen eine zukunftsfähige wirtschaftliche Infrastruktur bieten. Vor allem aber muss der Strukturwandel sozialverträglich sein.“ (iba / Na 029)