Aachen. Leben und Tod gehören zusammen. Zum Leben gehört auch, sich mit der eigenen Endlichkeit zu befassen und viel bewusster zu leben. „Ich möchte nicht am Ende meines Lebens auf das zurückblicken, was ich alles verpasst habe“, sagt Dr. Carola Holzner im Gespräch mit der KirchenZeitung für das Bistum Aachen.
Die Notfallmedizinerin habe schon oft erlebt, dass Menschen in den letzten Minuten ihres Lebens den Wunsch verspürten, die Uhr noch einmal zurückzudrehen, um mehr Zeit gehabt zu haben. Für sich selbst, für andere. „Auf meinem Grabstein soll stehen: ‚Je ne regrette rien.‘ Ich möchte voller Erfüllung gehen, weil ich richtig gelebt habe. Was diese Erfüllung ist, soll jeder selbst mich sich ausmachen und definieren. Es steht niemandem sonst zu, das zu bewerten. Jeder hat das Recht, glücklich zu sein“, erklärt die Medizinerin.
Moderne Medizin: Fluch und Segen
Mit ihrem vielfältigen medialen Wirken möchte die Medizinerin für eine Auseinandersetzung mit den Tabu-Themen Tod und Krankheit werben. Carola Holzner: „Wir beschäftigen uns weder mit Notfällen, plötzlichen Schicksalsschlägen – und auch nicht mit dem Tod. Dabei kann alles jederzeit aus heiterem Himmel eintreten. Deswegen spreche ich darüber viel und versuche Menschen dafür zu sensibilisieren, sich mit diesen Themen zu befassen, solange sie es können.“ Die moderne Medizin könne dabei Fluch und Segen sein. „Wir versuchen, an vielen Stellen dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Wir glauben, durch die Medizin, die ein längeres und gesünderes Leben ermöglicht, unsterblich sein zu können. Aber letztlich können wir dem Tod nicht entrinnen“, betont sie.
Die moderne Intensivmedizin sei ein Segen und könne die Grenze zwischen Leben und Tod verschieben. Carola Holzner: „Aber diese neue Grenzziehung ist nicht immer in allen Fällen so positiv, wie sie zunächst scheint.“ Die Perspektive einer akutmedizinischen Behandlung sollte es sein, gesünder wieder herauszukommen als man hereingekommen ist, um wieder ein möglichst normales Leben führen zu können. Es gibt aber auch so schwere Verletzungen, bei denen Therapien, die möglich sind, und auch eine Reanimation nicht unbedingt dazu führen, dass sich der Zustand verbessert. „Ein Stück weit können in solchen Situationen die Angehörigen nicht loslassen. Wir Mediziner können viel tun, aber nicht den Grundzustand eines Menschen verändern. Ich verstehe, dass es schwer ist, Entscheidungen zu treffen, wenn man einen Menschen zu verlieren droht, der einem am Herzen liegt. Aber viele dieser Entscheidungen werden nicht im Sinne des Patienten getroffen, sondern im Sinne der Angehörigen. Nicht alles, was medizinisch möglich ist, ist auch sinnvoll.“
Jedes Leben zählt
Im Oktober startet die zweite Staffel der Doku „Doc Caro – Jedes Leben zählt“ auf VOX. Im Mittelpunkt steht die Arbeit der Akut- und Notfallmedizinerin Dr. med. Carola Holzner, die vielen Menschen auch aus ihrem Podcast „Doc Caro“ bekannt sein dürfte. Die Fachärztin für Anästhesiologie mit der Zusatzweiterbildung in Intensivmedizin, Notfallmedizin und Innerklinischer Akut- und Notfallmedizin steht zudem bereits am 27. September bei der Jubiläumsfeier der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin auf der Bühne im Aachener Tivoli, im Oktober erscheint ihr neues Buch „Ab unter die Gürtellinie“.
Das ganze Interview lesen Sie in der Kirchenzeitung.