Homilie von Bischof Dr. Helmut Dieser im Hohen Dom zu Aachen in der Osternacht, 16. April 2002.
Es gilt das gesprochene Wort.
Liebe Taufbewerber, Frau Rombach und Herr Kohnen,
liebe Paten und liebe Verwandte und Freunde der Taufbewerber,
liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
Sie alle kennen das sarkastische Sprichwort: Operation gelungen, Patient
tot.
Sarkasmus, der sagt: Menschen können alles richtig machen und zugleich alles falsch. Erfolg kann das Leben kosten. Wir garantieren nie, dass unsere Operationen ohne Verluste gelingen.
Solche 100%igkeit liegt außerhalb unserer Macht.
Vielleicht liegt aber darin die schwerste Zumutung unseres Glaubens:
Auch Gottes Operationen am Menschen und seiner Welt sprechen keine Garantie aus auf 100% Erfolg.
Welche Operationen meine ich?
Die Osternacht blättert sie uns in den vielfältigen Erinnerungen daran jedes Jahr neu auf in den großen Lesungen aus der Heiligen Schrift.
Alle diese Fragen und unzählige andere mehr finden keine 100% Antworten. Aber alle diese Operationen, die Gott am offenen Herzen der Schöpfung und seines Lieblingsgeschöpfs, des Menschen, durchführt, lassen doch ihn Selbst, den Wahren und Einzigen Gott, immer deutlicher erkennbar werden. Er erwählt sich sein Volk, baut es auf und hört damit nicht auf und hat damit Erfolg.
Alle Operationen kommen schließlich zusammen und Gott führt sie noch einmal endgültig und darin ein für alle Mal durch an dem Einen, der für alle gehorsam wurde, Christus Jesus.'
Das Geheimnis aller Geheimnisse, das nur Gott kennt, liegt aber darin, dass dieser Eine 100% für alle gestorben ist, die auf der falschen Seite sind und ihr Leben verlieren. Und keiner kann sagen: Ich hätte das nicht nötig gehabt!
Der Apostel Paulus sagt: „Wir wissen doch: Unser alter Mensch wurde mitgekreuzigt, damit der von der Sünde beherrschte Leib vernichtet werde, so dass wir nicht mehr Sklaven der Sünde sind“.
In dieser heiligen Osternacht erleben wir, wie zwei erwachsene Menschen sich dieser heiligen Operation unterziehen, die an uns allen in unserer Taufe geheimnsivoll durchgeführt wurde. „Wir wurden ja mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, damit auch wir, so wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln“.
Liebe Frau Rombach, lieber Herr Kohnen, im Namen der ganzen Domgemeinde und der Kirche unseres Bistums drücke ich Ihnen meine Freude darüber aus, dass Sie zu dieser Entscheidung und zu diesem Glauben hingefunden haben und sich heute taufen lassen!
Es gibt auf der Seite der Menschen keine 100% Garantie, weil Gott die Freiheit bestehen lässt. Sie haben eine eigene freie Entscheidung getroffen. Und in Ihrem bisherigen Lebensweg, der dann ein Weg zur Taufe wurde, sind Sie schon den Weg der Frauen und schließlich auch des Petrus mitgegangen am frühen Morgen zum Grab Jesu.
Die Frauen wollen dort einen Toten mit ihrer Liebe zum letzten Mal erreichen und schön machen.
Nie kommen wir Menschen aus eigener Kraft je darüber hinaus! Der Tod, der uns alles, ja die Liebsten nimmt, kann nicht gezähmt werden. Er bleibt am längeren Hebel. Wer ihn als Lösung, als Erfolg, verkaufen will, wird sarkastisch: Operation gelungen, Patient tot!
Die Frauen am Grab Jesu sahen,“ dass der Stein vom Grab weggewälzt
war;“ und „den Leichnam Jesu, des Herrn, fanden sie nicht“.
Das ist größte und schönste Tat Gottes an seiner Schöpfung und am Menschen: der Stein hat sein Gewicht verloren, das Grab den Leichnam verloren und ist mit 100% kein Ort des Todes mehr.
Die Last der Schuld, die Endgültigkeit des Todes, an dem wir mit schuld sind, bietet Gott uns an, wegzunehmen.
Doch das braucht den schweren Weg zum Glauben und den schweren Weg, am Glauben festzuhalten: Sonst halten wir das alles, wie zunächst auch die Apostel, nur für Geschwätz.
Und im christlichen Leben müssen wir immer neu einlösen, was der Engel aufträgt: „Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: Der Menschensohn muss in die Hände sündiger Menschen ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.“
Heute ist dieser dritte Tag, für Sie, liebe Frau Rombach und Herr Kohnen, die Sie getauft und gefirmt und zum ersten Mal dem auferstanden Herrn in der Heiligen Kommunion einverleibt werden.
Heute ist für uns alle dieser dritte Tag, an dem wir Zynismus, Sarkasmus, Gleichgültigkeit und Unglauben überwinden, wir alle unser Taufversprechen erneuern und die Freude neu bei uns einziehen will: Denn Gott hat den Gekreuzigten und Begrabenen auferweckt aus dem Todesgefängnis.
Gott hat seiner Schöpfung ein vollendetes Omega präsentiert.
Gott hat das Alpha einer neuen Menschheit entstehen lassen, die zu Christus gehört, der nicht mehr stirbt.
Und diese ganze Operation Gottes gelingt an jedem von uns, wenn wir das Leben des Auferstandenen empfangen und „in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln“, wie Paulus sagt: jetzt im Glauben und in den Sakramenten und in einem christlichen Leben und dann durch den Tod hindurch im ewigen Leben. Amen. Halleluja.