Ökumenischer Brief an die Gemeinden des Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Bischofs von Aachen

Liebe Gemeinden, Liebe Schwestern und Brüder,


Gott spricht: „Gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende." (Jesaja 55,10.11)


Im gemeinsamen Glauben an Gottes Wort, auf das sich die Kirche Jesu Christi gründet, und im Vertrauen darauf, dass dieses Wort auch Frucht durch die ökumenische Zusammenarbeit bringen wird, richten wir uns heute an Sie. Wir sind dankbar dafür, dass sich zwischen den Gemeinden der Evangelischen Kirchenkreise Aachen, Gladbach-Neuss, Jülich und Krefeld-Viersen und den Pfarreien im Bistum Aachen in den letzten Jahrzehnten vielerorts ein selbstverständliches, geschwisterliches Miteinander entwickelt hat.
Wir wollen die Feier eines ökumenischen „Christusfestes" zum Reformationsjubiläum 2017 zum Anlass nehmen, angesichts großer gesellschaftlicher und kirchlicher Umbrüche zu einer weiteren Vertiefung der ökumenischen Zusammenarbeit zu ermutigen. Sie ist grundgelegt in der einen Taufe, deren zentrale Bedeutung als Band der Einheit mit der gemeinsamen „Vereinbarung zur gegenseitigen Anerkennung der Taufe" zwischen den katholischen Bistümern in NRW und der Evangelischen Kirche im Rheinland (26. März 1996) und der Magdeburger Tauferklärung von elf Mitgliedskirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen ACK Deutschland (29. April 2007) bekräftigt wurde. Darüber hinaus wissen wir uns getragen und ermutigt durch die wiederentdeckte Gemeinsamkeit in der Mitte unseres Glaubens, den Glauben an Jesus Christus und sein Evangelium. Dies neu zur Geltung zu bringen, war Hauptanliegen der Reformation und ist durch die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" (1999) des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit und des Lutherischen Weltbundes als gemeinsame Lehre festgehalten worden, der nach dem Weltrat Methodistischer Kirchen auch die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen im Juli 2017 beitrat.

Alle weiteren Mitgliedskirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen laden wir ein, diesen Weg im Geiste der „Charta Oecumenica" der Konferenz Europäischer Kirchen und des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen zu einer weiteren Intensivierung der Ökumene mitzugehen. Wir laden ein zu einer Bestandsaufnahme in Ihrer Gemeinde. In welchen Bereichen gibt es eine ökumenische Zusammenarbeit?

  • Im Bereich der Caritas und Diakonie?
  • Im Bereich der Katechese, in den Schulen, in der Erwachsenenbildung, in Kindertagesstätten, in der Jugendarbeit?
  • Im Bereich der Liturgie, in geistlichen Angeboten, in gemeinsamen Exerzitien?
  • In der gemeinsamen Nutzung von Gebäuden und Einrichtungen?
  • In gemeinsamen Appellen und Stellungnahmen zu Fragen, die die Gemeinden vor Ort bewegen?
  • In welchen Bereichen gibt es Kooperationen mit Stadt, Kreis und Kommunalgemeinde?

In Zeiten des Umbruchs, in denen finanzielle und personelle Ressourcen schwinden, ermutigen wir Sie, an den Baustellen weiterzuarbeiten:

  • Da, wo „blinde Flecken" der Ökumene sind, neue Wege zu suchen.
  • Über die gemeinsame Nutzung von kirchlichen Gebäuden nachzudenken.
  • Im katechetischen und erzieherischen Bereich zu Kooperationen zu gelangen.
  • Das gemeinsame Gebet zu pflegen, mit- und füreinander in den Gottesdiensten zu beten und ökumenische Gottesdienste zu etablieren.
  • Im gemeinsamen Einsatz für Gerechtigkeit; Frieden und die Bewahrung der Schöpfung nicht nachzulassen und im Dienst für die Welt zusammenzuarbeiten. Das gemeinsame Engagement in Fragen des Steinkohle- und Braunkohletagebaus und für die Flüchtlinge sind hierfür gute Beispiele.
  • Im Zeugnis für die Welt mit einer Stimme zu sprechen, den Dialog mit dem Judentum und dem Islam gemeinsam fortzusetzen und Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus entgegenzuwirken.

Unsere Kirchen gehen auf einen Paradigmenwechsel zu: Ökumene war immer schon bereichernd, nun kommen neue Aufgaben auf uns zu. Es geht um eine kooperative Ökumene, die uns auch gegenseitig entlastet. Wir ermutigen daher zur Vereinbarung konkreter ökumenischer Gemeindepartnerschaften. Als Anlage fügen wir diesem Brief ein Muster für eine Rahmenvereinbarung für ökumenische Partnerschaften zwischen Kirchen- und Pfarreien bei. Auch wir verpflichten uns als Kirchenleitungen:

  • Uns in wesentlichen Fragen vorab zu informieren und zu beraten, um möglichst Konflikte im Vorfeld aus dem Weg zu räumen.
  • In regelmäßigen Gesprächen voneinander zu hören und zu lernen.
  • Nach einer Fortschreibung der ökumenischen Zusammenarbeit zu trachten und nach neuen Schritten zu suchen.

Liebe Schwestern und Brüder in den Gemeinden,
auch wenn die ökumenischen Gespräche, die auf vielen Ebenen geführt werden, noch Fragen offen lassen, möchten wir Sie zu einem neuen Schwung in der gelebten Ökumene vor Ort ermutigen. Begleiten Sie die theologischen Gespräche der Kirchen mit aufmerksamem Interesse und Ihrem Gebet und würdigen Sie das bisher Erreichte. Wo beide Seiten ihre Tradition einbringen, kommt es zu einer Bereicherung im Lernen vom anderen. Alles gemeinsam in den Blick nehmen und gemeinsam anpacken, was gemeinsam geht! Die Unterschiede zu respektieren und auch ein Stück weit aushalten, bis sich gute Lösungen zeigen. In allem aber den Bruder und die Schwester im Glauben lieben. Das ist unser Wunsch für dieses besondere Jahr 2017.


Gott segne Sie und Ihre ökumenischen Bemühungen in den Gemeinden!

Unterzeichnung (c) Evangelische Kirche / Gery Böer