„Gott führt die ganze Kirche“

Bischof Dieser: Versuchungen im Hinblick auf den Synodalen Weg ernst nehmen und bestehen

Bischof Dr. Helmut Dieser (c) Bistum Aachen / Carl Brunn
Bischof Dr. Helmut Dieser
Datum:
So. 26. Feb. 2023
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

Aachen - Der Bischof von Aachen, Dr. Helmut Dieser, warnt vor „Versuchungen“, die sich zurzeit im Ringen um den Synodalen Weg in Deutschland und die dort behandelten Themen mitten in der Kirche „sehr schmerzhaft und anstrengend abspielen“. „Alle, die im Synodalen Weg darum ringen, müssen diese Versuchungen ernst nehmen und bestehen, sowohl diejenigen, die unbedingt Reformen und Veränderungen durchführen wollen, als auch diejenigen, die mahnen und bremsen und Veränderungen verhindern wollen“, mahnt Dieser in seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit 2023.

Dabei gehe es um die Mitte der Kirche und die Mitte des Menschenbildes. Der Bischof bittet deshalb alle Katholikinnen und Katholiken im Bistum Aachen, sowohl für die Gläubigen und Bischöfe, die um den Synodalen Weg ringen, als auch für Papst Franziskus zu beten. Zugleich bittet er sie auch um ihr Vertrauen in die Entscheidungen des Synodalen Wegs, „dass sie geistlich zustande kommen und wirken werden“.

Nach Meinung Diesers stellt sich derzeit die Frage, ob die Kirche das Werk des Heiligen Geistes bleibe und Gott sie sicher durch die Zeiten führe, oder ob sie ganz und gar in unsere Hände gerate und wir am liebsten selber das Beste daraus machten. „Darf der Mensch sich als Geschöpf Gottes so annehmen, wie ein jeder von uns sich im persönlichen Leben vorfindet, auch in der eigenen sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität, oder entwerfen wir uns selbst und fangen an, uns irgendetwas an- und abzutrainieren, um endlich richtig zu sein?“, schreibt der Bischof. Die Herausforderung bestehe darin, wie die Kirche allen Menschen in ihrer Vielfalt das Evangelium so verkünden könne, dass sie Jesus als ihren Erlöser erkennen und ihm nachfolgen könnten, weil allein seine Gnade sie heilig mache.

Warnung vor Ungeduld, Hoffnungslosigkeiten, Aggression und Intrigen

Ausdrücklich warnt Dieser in seinem Schreiben an die Gläubigen vor Ungeduld, Hoffnungslosigkeiten, Aggression und Intrigen nach dem Motto „Ich weiß es doch schon längst, du liegst falsch“, „Wir retten die Kirche, ihr zerstört sie“ oder „Wir folgen der Bibel und der Tradition, ihr verratet sie!“ „Die Kirche darf nicht stehen bleiben, aber sie darf auch nicht unter Druck und Zwang geraten und sich dabei spalten in Gewinner und Verlierer“, warnt der Bischof. „Gott führt die ganze Kirche in allen Gläubigen bis hin zum Papst und den Bischöfen.“ In einer hoch aufgewühlten Zeit erhoffe und erbitte man das Zeichen, dass alle Gläubigen bei aller Verschiedenheit eine Kirche seien.

Dieser weist in seinem Fastenhirtenbrief darauf hin, dass der Mensch immer einer großen Täuschung aufsitze, wenn er sein wolle wie Gott. „Wer Gut und Böse kennen will wie Gott, sprengt und zerstört sein eigenes immer begrenztes Fassungsvermögen“, unterstreicht der Bischof. „Wer diesen Versuchungen erliegt, gerät in den blanken Horror.“  Bitterste, ja tödliche Enttäuschungen seien dann programmiert. Damit aber wird nach Meinung Diesers zugleich deutlich, dass es dabei um alles oder nichts gehe. Mittendrin im Lebensentwurf, im Menschenbild, im Weltbild, im Kirche-Sein, also in dem, was das Wichtigste, Höchste und Heiligste sei, lauere die Versuchung und mit ihr gepaart die tödliche Lüge und die Neigung, ihr zu glauben.

Auf das rein menschliche Navi verlassen oder von Gott her Orientierung finden?

Der Bischof führt des Weiteren aus, dass die entscheidende Frage sei, ob wir uns das Leben selbst geben oder schon jetzt dauernd von den „Überweisungen Gottes“ leben. „Sind wir ausschließlich dazu verdammt, uns auf das rein menschliche Navi zu verlassen, wenn es um Richtig oder Falsch geht, um Gut und Böse? Oder finden wir von Gott her die Orientierung und den Mut, nicht alles zu tun, was wir tun könnten, oder endlich das anzupacken, was wir sonst nie oder zu spät getan hätten?“, fragt der Bischof. Gott wolle niemals, dass wir Menschen zugrunde gehen, doch es komme entscheidend darauf an, ihm das zu glauben, betont Dieser. Sogar Jesus habe sich der ganzen Lügenmaschinerie des Satans aussetzen müssen, um die letzten Tiefen seines göttlichen Auftrags anzunehmen, und Gott selbst habe ihn auf diesen Weg gesandt. „Schon am Anfang seines öffentlichen Wirkens erfolgt dieser ungeschmälerte Auftakt und Vorgeschmack des Dramas, um das es zwischen Gott und Mensch und Jesus in der Mitte wirklich geht“, hebt der Bischof in seinem Fastenhirtenbrief hervor. „Endgültig durchgespielt und ein für allemal entschieden wird das Drama am Ende seines irdischen Weges. Erst die Auferstehung des Herrn am Dritten Tag zeigt, dass er gerade so unser aller Erlöser wurde.“

Neu ernst machen mit dem christlichen Glauben

Darüber hinaus erinnert der Bischof daran, dass die österliche Bußzeit uns dazu bringen soll, neu ernst zu machen mit dem christlichen Glauben. Deshalb fordert er nachdrücklich dazu auf, genauer hinzuschauen, wo man in dem, was einem wichtig und heilig sei, angefochten werde. „Suchen Sie genau darin Gottes Nähe und Jesu Gnade, indem Sie immer neu darüber beten“, empfiehlt Dieser. Auch eine Beichte in genau diesen persönlichen Dingen könne eine tiefe Erfahrung von Befreiung und Trost im Hinblick auf das bevorstehende Osterfest schenken. 

Hirtenbrief zur österlichen Bußzeit 2023