Dabei gehen die viel unverkrampfter damit um. Wie man mit Grundschülern kindgerecht über Krankheit, Sterben und Tod spricht, zeigen die KGS Michaelsberg und das Projekt „Hospiz macht Schule“, das der ambulante Hospizdienst der Aachener Caritasdienste gerne in die Region holen würde.
Eltern reagierten oft unsicher, sprach- und hilflos gegenüber ihren Kindern, weil sie selbst kaum noch Kontakt zu Themen wie Sterben und Tod hätten, so die Erfahrung von Gisela Boing, Leiterin der Katholischen Grundschule Michaelsberg in Aachen. Den Kindern solle so Kummer und Leid erspart bleiben, doch damit werde das Tabu nur noch mächtiger, würden die Fragen und Ängste der Kinder größer. Um ihnen diese Ängste zu nehmen und wieder einen natürlichen Umgang mit „Sterben, Tod und Trauer“ zu ermöglichen, haben Gisela Boing und ihre Kollegen das Thema im Schuljahr 2013/2014 erstmals als Projekt aufgegriffen. Nicht als festen Bestandeil des Unterrichts, sondern als freiwillige AG, zu der sich die Kinder anmelden konnten. Ein voller Erfolg, dem im Schuljahr 2016/2017 die erweiterte Neuauflage folgte. „Für die Kinder war es unendlich wichtig, Fragen stellen zu dürfen und darauf auch ehrliche Antworten zu bekommen“, sagt Gisela Boing. Sie war und ist begeistert, von der „Neugier, Offenheit und Entdeckerlust“, mit der ihre Schüler sich mit den existentiellen Fragen des Lebens beschäftigt haben.
Insgesamt 85 Kinder haben in diesem Jahr an der AG teilgenommen. Während die ersten beiden Schuljahre sich dem Thema über ein gemeinsam gelesenes Bilderbuch angenähert haben, haben die Dritt- und Viertklässler sich gemeinsam mit Fachleuten bei verschiedenen Aktionen intensiver mit Sterben, Tod und Trauer beschäftigt. Unter anderem haben Mitarbeiter von „Homecare“ von ihrer Arbeit mit schwerkranken Menschen erzählt und eine Gruppe war zu Besuch im Hospiz in Erkelenz. „Klasse, dass ihr uns besucht habt und euch an das Thema herantraut“, lobte Leiter Björn Clahsen die Kinder. Auch die Bewohner seien von dem Besuch angetan gewesen und hätten sich über „Leben und Radau“ auf ihren Fluren gefreut. „Ich hatte mir das Hospiz schlimmer vorgestellt, mehr wie ein Krankenhaus“, sagt Viertklässlerin Charlotte. Freundin Viktoria ergänzt: „Ich weiß jetzt, dass ich keine Angst vor dem Tod haben muss.“ Dazu hat auch ein Besuch im Bestattungsinstitut beigetragen. Inhaberin Regina Borgmann findet es wichtig, „dass die Kinder mitkommen, um auch mit Abschied nehmen zu dürfen“. Die Michaelsbergschüler haben sich bei ihrem Besuch interessiert die Urnen und Särge angeschaut und durften sogar mal in einem Sarg Probe liegen. Was einige Eltern zusammenzucken ließ, war für die Kinder vor allem eine spannende Erfahrung, wie Gisela Boing erzählt.
Zum Abschluss haben die Kinder mit Silvia Dederichs, Gemeindereferentin in St. Gregor von Burtscheid, Koffer gepackt. „Wenn wir über den Tod reden, dann müssen wir auch über Gott reden“, sagt sie. Ausgangspunkt war das Buch „Wo die Toten zuhause sind“, das davon erzählt, wie wir nach dem Tod eine neue Wohnung bei Gott bekommen. Also hat jedes Kind überlegt, was es dorthin mitnimmt: Kuscheltiere, Familienfotos, ein Lieblingsbuch oder das Fußballsammelalbum sind nur ein paar Dinge, die in die Köfferchen gewandert sind. Silvia Dederichs hat die Liebe, mit der die Kinder das gemacht haben, ebenso berührt, wie ihre Reaktionen. Dass Gott sich um die Menschen kümmert, die gestorben sind, hätten sie enorm tröstlich gefunden.
Ähnlich kindgerecht und praxisorientiert geht auch das von der Bundes-Hospiz-Akademie entwickelte Projekt „Hospiz macht Schule“ an das Thema heran. Das würde Stephanie Eßer, Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes der Aachener Caritasdienste in Alsdorf, gerne auch in unserer Region anbieten. „Kinder sollen so lernen, angstfrei mit dem für unser Leben wichtigen Thema umzugehen“, sagt sie. Als ersten Schritt hatte sie Gerda Kretschmann vom ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienst aus Viersen eingeladen, der das Projekt seit drei Jahren anbietet. In einer Projektwoche für dritte und vierte Grundschulklassen bringt ein speziell geschultes Team aus ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen den Kindern auf spielerische Weise Themen wie „Werden und Vergehen“, „Krankheit und Leid“, „Sterben und Tod“, „Vom traurig sein“ und „Trost und trösten“ nahe. Dazu wird unter anderem gemalt, Krankheiten pantomimisch dargestellt und ein Film („Willi will’s wissen: Wie ist das mit dem Tod?“) geguckt. Eine intensive Woche für die Kinder und ihre Begleiterinnen, wie Gisela Kretschmann, erzählt: „Da ist Raum, über Erfahrungen, Ängste und Fragen der Kinder zu reden, die sonst im Schulalltag nicht vorkommen.“ Von Eltern, die sich getrennt haben, der Oma, die schwer krank oder kaum verstorben ist oder der Trauer um ein geliebtes Haustier.“ Darüber lernten die Kinder, anders miteinander umzugehen, das stärke auch die Klassengemeinschaft neu.
Infos: www.hospizmachtschule.de