Am Freitag, den 21. April 2023 machten sich 17 Kirchenmusiker.innen des Bistums Aachen – unter ihnen auch Teilnehmer.innen des C-Kurses – auf den Weg zu einer 2-tägigen Orgelexkursion in die unterfränkische Stadt Würzburg. Organisiert und begleitet wurde die Fahrt von Regionalkantor Martin Sonnen (Region Mönchengladbach).
In der bayrischen Stadt mittags angekommen wurde die Gruppe vom Domorganist Prof. Stefan Schmidt im Juliusspital begrüßt. Als ersten Programmpunkt präsentierte Schmidt die im Juliusspital gelegene Vleugels-Orgel. Diese wurde im Jahre 2005 neu gebaut und weist zwischen einer Bildkomposition von Thomas Lange ein italienisches Prospekt auf.
Der Fußweg vom Juliusspital zum nächsten Programmpunkt, dem Neumünster, gestaltete der aus Düsseldorf stammende Domorganist als interessante Stadtführung. Am Neumünster angekommen gab er eine kurze Einführung in die Kirchengeschichte und Baugeschichte der Orgel sowie einen klanglichen Eindruck der Möglichkeiten der Orgel. Im Neumünster, in dem die Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan den Märtyrertod gestorben sind, befindet sich eine Orgel der Firma Klais, die diese nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg gebaut hatte. Einen Hinweis auf die Erbauungszeit geben die Kupferpfeifen im Freipfeifenprospekt. Wie auch im Juliusspital nutzten auch hier einige Teilnehmer.innen die Möglichkeit die Orgel einmal selbst zu spielen.
In der Augustiner-Kirche, die als nächstes besucht wurde, befindet sich eine romantisch orientierte Klais-Orgel. Stefan Schmidt erläuterte die Orgel und machte ihr „symphonisch“ orientiertes klangliches Spektrum erfahrbar. Besonders hervorzuheben ist die durch die Verteilung der Pfeifen auf Hauptorgel auf der Westempore, Chororgel im Chorraum und zusätzlichem Tubenwerk in einer Blindfensternische entstandene große dynamische Bandbreite der Klangentwicklung im Kirchenraum. Eine durchschlagende Klarinette 8‘, Flöten und Streicher in 8‘- und 4‘-Länge weisen auf eine deutsch-romantische Prägung hin.
Den Abschluss des ersten Tages bildete der Besuch des St. Kilians Dom zu Würzburg. Nach seiner lehrreichen Kirchenführung spielte Domorganist Schmidt eine Orgelimprovisation, die den Klang der Orgel beeindruckend zu Gehör gab. Gebaut wurde die Hauptorgel, die über fünf Manuale mit 87 Registern an der westlichen Sängerempore und 23 Registern an der südlichen Querhausorgel verfügt, durch die Orgelbaumanufaktur Klais. Ein gemeinsames Spiel beider Orgeln ist seit 2012 möglich. Die Hauptorgel zeichnet sich, wie Martin Sonnen erklärte, durch einen modernen Hamburger Prospekt aus. Mit Blick auf die klangliche Ästhetik vereint diese Orgel nord- und süddeutsche, spanische wie auch französische Elemente und ermöglicht somit ein stilistisch vielseitiges Spiel, wie der Domorganist zeigte.
Am Samstag wurde die Orgelkunde in der Kirche St. Peter und Paul fortgeführt. Hier präsentierte der stellvertretende Diözesanmusikdirektor Stefan Walter die Vleugels-Orgel in Wort und Klang u.a. durch eine Passacaglia von Rheinberger. Diese Orgel gibt es, so wie sie heute vorzufinden ist, erst seit der Restaurierung der Kirche im Jahr 2018. Nur durch die Verteilung des Orgelwerks auf drei Standorte im Kirchenraum ist ein einheitlich ausgeglichener Klang möglich. Dies macht es, wie die Teilnehmer selbst feststellen durften, schwer, die Klangherkunft nach dem Gehör zu orten. Aufgrund der räumlichen Entfernung zwischen den einzelnen Teilwerken war es, wie Walter erläuterte, nicht möglich eine mechanische Spiel- und Registertrakturführung zu bauen, weshalb nun ein dreimanualiger elektrischer Spieltisch vorhanden ist. Der Diözesanmusikdirektor erläuterte einzelne technische Rafinessen des Spieltisches: So verfügt dieser über eine frei wählbare Belegung der Manuale, über Oktavkoppeln (Sub- und Superkoppeln ergänzen jeden gespielten Ton in Oktaven in der Höhe und Tiefe), dynamische Koppeln, welche die Manuale bei stärkerem Anschlag der Tasten koppeln, Registercrescendo, Midianschluss, regulierbare Tremulanten sowie einen Vario Setzer mit Touchpad. Diese digitale Technik macht individuell auf den Organisten abstimmbare und auch speicherbare Klangeinstellungen und Manualbelegung via Touchpad oder Druckknöpfen möglich. Dennoch ist die Orgel durch vorab gespeicherte Registrierungen für jeden Organisten spielbar. Es ist folglich nicht verwunderlich, dass dieses Instrument bei den Teilnehmern mit großem Interesse selbst ausprobiert wurde.
Anschließend wurde erneut der Dom aufgesucht und die Orgel aus dem Jahr 1740 in der Sepultur, einer spätgotischen Begräbniskirche, betrachtet. Kennzeichnend für diese Seuffert-Orgel ist die aus pragmatischen Gründen verwendete kurze Oktave sowie die Verbauung von nur 11 Registern auf einem Manual. Diese sorgten dennoch für einen beachtlichen und vielseitigen Klang, den sowohl Sonnen in einer kurzen Vorstellung als auch Teilnehmende dem Instrument entlockten.
Um einen Einblick in den „Backstage-Bereich“ eines Domes und deren Musik zu erhalten, zeigte Schmidt der Aachener Gruppe die Probenräumlichkeiten der Domkantorei. Auch dort befindet sich eine Orgel, nämlich im Probensaal der Jungenkantorei. Diese Orgel, erbaut von der Firma Karl Göckel, dient dem Domorganist zum Üben, da dies an der Hauptorgel aufgrund des Tourismusbetriebs über Tag nicht möglich ist.
Ein letztes Highlight dieser Orgelfahrt stellte der Mittagsimpuls gespielt vom Domorganisten dar. Er präsentierte in seinem 30-minütigen Konzert ein letztes Mal die Klangvielfalt der Domorgel und endete mit Langlais Incantation pour un jour Saint (Lumen Christi).
Abschließend lässt sich festhalten, dass es eine rundum gelungene und lehrreiche Orgelexkursion war, die eine herkömmliche Orgelfahrt durch stadtgeschichtliche und kulturelle Impulse erweiterte.
Text: Eva-Maria Friedrich