Neuer Praxisleitfaden „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ gibt konkrete Tipps für die gemeinsame Nutzung von Kirchen und Gemeindehäusern. Zudem regt das Papier dazu an, absehbare Veränderungen der kirchlichen Infrastruktur in Stadt- und Ortsteilen ökumenisch abzustimmen.
Angesichts der Fortschritte in der Ökumene und sinkender Mitgliederzahlen rufen die katholischen Bistümer und die evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen ihre Gemeinden zu stärkerer Zusammenarbeit auf. „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ ist der programmatische Titel eines Praxisleitfadens, in dem ein abgestimmtes Vorgehen bei der Aufgabe pastoraler Immobilien und die gemeinsame Nutzung von Kirchen, Pfarrheimen oder Gemeindezentren im Fokus steht. Am 22. März haben die Landeskirchen und Bistümer diese Broschüre gemeinsam veröffentlicht, in der es nicht nur um evangelische und römisch-katholische Christen geht, sondern um die gesamte Breite der Ökumene, also zum Beispiel auch um freikirchliche, orthodoxe und orientalische Gemeinden.
Der Leitfaden beschreibt, dass beide großen Kirchen kleiner werden und deshalb auch ihren Gebäude-Bestand reduzieren. Vor diesem Hintergrund laden Verantwortliche der NRW-Bistümer und -Landeskirchen dazu ein, „diesen Prozess in ökumenischer Verbundenheit zu gestalten“. „Suchen Sie bei anstehenden Veränderungen frühzeitig den Kontakt zu den Nachbargemeinden der jeweils anderen Konfessionen und stimmen Sie Ihre Planungen untereinander ab“, und weiter: „Prüfen Sie, ob die gemeinsame Nutzung einer Kirche oder eines Gemeindehauses die Möglichkeit bietet, ökumenisch gemeinsam im Stadtteil präsent zu bleiben, Gottesdienste vor Ort zu feiern und kirchliche Angebote dezentral fortzuführen.“
Diese Einladung untermauert der Leitfaden mit zahlreichen Hinweisen und konkreten Tipps: Was ist für evangelische Gläubige im Kirchenraum wichtig, was für katholische? Muss eine Kirche für die Nutzung durch andere Konfessionen umgebaut werden? Welche rechtlichen Vorgaben gibt es durch katholische Bistümer oder evangelische Landeskirchen? Zu diesen und vielen weiteren Fragen rund um die gemeinsame Nutzung von Gemeinde-Gebäuden gibt die Broschüre Antworten. Dabei betonen die Ökumene-Fachleute der Bistümer und Landeskirchen, dass es „keine Einsparung ohne Kirchenentwicklung“ geben könne, aber auch „keine Kirchenentwicklung ohne Einsparung“. Anstelle der bislang in vielen Landesteilen gewohnten konfessionellen Doppelstrukturen in Orts- oder Stadtteilen werben sie für eine gemeinsame ökumenische Präsenz in der Zukunft: „Die Orientierung am Sozialraum, daran, was aus christlicher Perspektive zu einem gelingenden Leben beitragen kann, eröffnet Perspektiven für eine lokale Kirchenentwicklung, die nicht nur zur gemeinsamen Nutzung von Gebäuden, sondern zu ,ökumenisch kooperativen Gemeinden‘ führen kann.“ So könne das Thema Ökumene in den Gemeinden von einer mancherorts als belastend empfundenen Zusatzaufgabe „zur Grunddimension kirchlichen Planens und Handelns werden“, schreiben die Fachleute.
Über die Rückbau-Perspektive hinaus regen die Tipps im Praxisleitfaden auch zu gemeinsamen ökumenischen Initiativen an, wenn neue Siedlungsgebiete entstehen. „Hier ergeben sich Chancen, die bisherigen konfessionellen Wege im Sinne einer kooperativen Ökumene zu öffnen und auf die ohnehin gemeinsamen pastoralen Herausforderungen ökumenisch nach Antworten zu suchen“, heißt es in dem Papier.
Der Praxisleitfaden ist nicht der erste Appell der beiden großen Kirchen an ihre Gemeinden, stärker zusammenzuarbeiten. 2017, im Jahr des Reformationsjubiläums, hatten mehrere Bistümer und Landeskirchen in NRW bereits Aufrufe veröffentlicht, die ein engeres ökumenisches Miteinander empfehlen. Vor dem Hintergrund der laufenden Veränderungsprozesse in den Kirchen ist der Leitfaden „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ sechs Jahre später eine deutliche Konkretisierung.
Praxisleitfaden für die ökumenische Nutzung von Kirchen und Gemeindehäusern