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Bistum Aachen ruft Betroffene sexualisierter Gewalt auf, sich zu melden

Das Bistum Aachen setzt die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt durch Priester und andere kirchliche Beschäftigte konsequent fort und veröffentlicht jetzt die Namen von 53 Tätern und mutmaßlichen Tätern sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige und Schutzbefohlene. „Wir möchten Betroffenen Mut machen, sich mitzuteilen“, so Bischof Dr. Helmut Dieser am Mittwoch in Aachen. „Mit der Nennung der Namen gehen wir dabei weiter voran. Wir stehen auf der Seite der Betroffenen und stellen uns den Verbrechen, die von Priestern und anderen in der Kirche Beschäftigten in der Vergangenheit begangen worden sind.“

Die Entscheidung, nunmehr Namen von Tätern und mutmaßlichen Tätern zu veröffentlichen, ist ein weiterer Schritt im Zuge einer zielgerichteten und konsequenten Aufarbeitung. Dieser Entscheidung waren sorgfältige Beratungen und Abwägungen mit Unterstützung interdisziplinärer Fachexperten, dem Ständigen Beraterstab, der Unabhängigen Aufarbeitungskommission und dem Betroffenenrat vorausgegangen. Im Ergebnis liegen klare und transparente Kriterien vor, die von Rechtsanwalt Dr. Stegmann, Kanzlei Esche Schümann Commichau, Hamburg geprüft worden sind. 

Veröffentlicht werden Namen von Personen, auf die folgende Kriterien zutreffen:

Entweder liegt eine einschlägige staatliche oder kirchenrechtliche Verurteilung vor (dann wird die Person als „Täter“ bezeichnet), oder es gibt mindestens einen positiv beschiedenen Antrag auf Anerkennung des Leids von der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) auf Bundesebene (dann wird die Person als „mutmaßlicher Täter“ bezeichnet). Der im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung erfolgte Bescheid stellt für das Bistum Aachen einen hinreichenden Tatverdacht für die Annahme dar, dass es sich um einen mutmaßlichen Täter handelt. Voraussetzung für eine namentliche Nennung ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes überdies, dass die Person vor mehr als zehn Jahren verstorben ist.

Diese Kriterien treffen auf insgesamt 53 Personen zu – 52 Priester und einen Laien. Die Veröffentlichung erfolgt mit einer zeitlichen Einordnung der vorliegenden Beschuldigungen, bekannten Strafurteilen und einer tabellarischen Auflistung des beruflichen Werdegangs der jeweiligen Personen. Diese bewusst reduzierte Darstellung der Sachverhalte dient vor allem dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und ihrem Recht auf Anonymität sowie der Wahrung der ihnen zugesicherten Vertraulichkeit. Auch eine Re-Traumatisierung von Betroffenen, insbesondere von solchen, die sich bislang nicht offenbart haben, soll durch die knappe Form der Darstellung vermieden werden.

„Wir handeln transparent, konsequent und umfassend. Kein Täter soll unentdeckt bleiben“, unterstreicht Generalvikar Dr. Andreas Frick. „Unsere Kriterien greifen das Aufklärungs- und Informationsinteresse der Betroffenen auf und halten zugleich einer juristischen Überprüfung stand“, erklärt der Generalvikar weiter. Kirchengemeinden, in denen Täter oder mutmaßliche Täter eingesetzt waren, besitzen nun die Möglichkeit, sich mit diesem Teil ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. „Betroffene und Gemeinden haben einen berechtigten Anspruch auf Aufklärung und Information“, so Andreas Frick.

Hotline unter 0241 452-225 und www.missbrauch-melden.de

Die Kirchengemeinden, in denen die Beschuldigten zum Tatzeitpunkt eingesetzt waren, sind bereits informiert. Das Bistum Aachen unterstützt die Aufarbeitung vor Ort. Begleitend zur Veröffentlichung erhalten betroffene Kirchengemeinden ein breites Informations- und Beratungsangebot.

Betroffene, Angehörige und Zeugen können sich vertrauensvoll an die Hotline im Bistum Aachen (0241 452-225) wenden, um Missbrauch zu melden oder Hinweise zu geben. Qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen die Meldung entgegen, besprechen das weitere Vorgehen und informieren über Beratungsstellen und Hilfsangebote.

Eine Meldung kann auch online unter www.missbrauch-melden.de erfolgen. Alle Meldewege erfüllen die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen und werden vertraulich behandelt, können bei Bedarf auch anonym in Anspruch genommen werden.