Bundestagung der Verantwortlichen an Grabeskirchen in Mönchengladbach
Um die Gegenwart und Vision von Grabeskirchen ging es bei der 5. Bundestagung der Verantwortlichen an Grabeskirchen, zu der 50 Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowie Seelsorgerinnen und Seelsorger aus dem ganzen Bundesgebiet am 14. und 15. März in Mönchengladbach in den drei katholischen Grabeskirchen St. Elisabeth, St. Joseph und St. Matthias zusammenkamen.
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass Grabeskirchen und Kolumbarien neue Standards im Bereich der Bestattungs- und Trauerkultur setzten können. Dazu reflektierten die Teilnehmenden sowohl im seelsorglichen, als auch im verwaltungstechnischen Bereich aktuelle Standards und und entwickelten neue Visionen für ihre Arbeit. Angeregt durch zwei Vorträge kamen die Teilnehmenden in eine guten Austausch.
Ausdruck einer veränderten Bestattungskultur
Sonja Billmann, Supervisorin und lehrende Transaktionsanalytikerin, gab einen Einblick in ihre Erfahrungen als Organisationsentwicklerin rund um Grabeskirchen. „Gemessen am Alter und der Tradition der Kirche sind Grabeskirchen ganz neue Geschöpfe. Rund fünf bis sieben Jahre dauert in der Regel eine Umwidmungsphase, in der Konzepte erarbeitet und rechtliche Grundlagen geklärt werden“, unterstrich Billmann. Wichtig seien hierbei in einem ersten Schritt die Suche nach einer eigenen Identifikation: das Ringen darum, was von der alten Identität der Gemeinde oder des Gotteshauses bleibt und was hinzukommt. Im Trostraum der Grabeskirche St. Josef, in der Sonja Billmann ihren Vortrag hielt, sei dies beispielsweise die Nordkapelle als „Nordkurve“, in der Fans von Borussia Mönchengladbach ihren Platz für die Ewigkeit finden können.
Eine solche Neuausrichtung eines Gotteshauses schließe einen Trauerprozess der Gemeinde ein, da Ort, Räume und Gottesdienste sich verändern. Hier seien Netzwerke und systemischen Prozesses wichtig, die auf professioneller Ebene ineinandergreifen, die Qualitätsmanagment und Organisationsentwicklung berücksichtigen und durch multiprofessionelle Teams mit klaren Zielen und transparenten Arbeitsweisen umgesetzt würden. Denn: Kolumbarien und Grabeskirchen seinen Ausdruck einer veränderten Bestattungskultur. Sie würden geschaffen für einen neuen Aufbruch. Die Referentin ermutigte die Teilnehmenden, in ihren Teams pastoral und verwaltungstechnisch Neues auszuprobieren, sich vielfältiger aufstellen, aber auch mit neuen Themen wie Werbung oder Aquise umgehen zu lernen. Teambegleitung und Teambildung seien dabei nicht zu unterschätzen, eine Reflektion der eigenen professionellen Rolle, der Haltung und des Wertefundaments sehr hilfreich.
Pastorale Chancen für die Zukunft
Prof. Hans Hobelsberger, Pastoraltheologe und Rektor der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, beschrieb in seinem Vortrag Grabeskirchen als Andersorte, in denen pastorale Chancen für die Zukunft der Seelsorge lägen. Er knüpfte an die Professionalität der Teams an und gab zu bedenken, dass Trauerseelsorge sich dahingehnd verändert habe, dass Katholische Kirche und Katholisches Seelsoregteam mittlerweile nachweisen müssen, was ihr produktiver Beitrag im Trauerprozess ist. Dabei geht Hoblesberger vom Ansatz aus, dass Grabeskirchen zur Vermittlung von Existenz und Evangelium beitragen, indem sie Gott - der immer und überall schon da ist - entdecken helfen und zur Sprachen bringen. Nach Gaudium et Spes (GS) 1 sei es die zentrale Aufgabe von Selsorgerinnen und Seeelsorgern, da zu sein. Kirche sei Geschehen, Ereignis und habe als Institution dieser Aufgabe zu dienen. Nach GS 45 gehe es um die existentiellen Grundfragen der Menschen, die einen Ankerpunkt böten, in dem Beziehung möglich sei und Existenz und Evangelium sich begegnen könnten.
Prof. Hans Hobelsberger hat sich im Rahmen seiner wissenschaftlich Tätigkeit auch mit einer Studie an der Grabeskirche St. Elisabeth befasst. Die Motivation, warum Menschen sich für eine Bestattung in einer Grabeskirche entscheiden würden, läge vorrangig in pragmatischen Gründen wie der Bushaltestelle nebenan, der geringen Grabpflege oder der Sicherheit, die viele Kunden mit solche einem Raum verbinden. Tiefergehend stünden Grabeskirchen aber für eine regionale und kulturelle Heimat, für ein nach Hause kommen an den Ort, an dem man geboren wurde und an dem man mit einem gängigen Ritual klassisch katholisch mit persönlicher Note beeredigt würde. Wichtig sei es, dass Kirchen hybride Räume von Tranzendenz und Immanenz seien, dass sie im hier und jetzt erlebbar seien, aber über sich hinaus auf etwas anderes, hoffnungsvolles verweisen: auf Gott und ein Leben bei ihm. Grabeskirchen bräuchten diese Spannung von profan und sakral, von Beerdigung und Auferstehung, von Individuum und Kollektiv.
Vier Workshops zu den Themen „Verwaltungsmitarbeitende als Lotsen durch Bestattungsfragen“, „Rituale – Hilfreiche Unterstützung für Trauernde“, „Einsatz von Kunst in der seelsorlichen Arbeit an Grabeskirchen“ und „Diá de los muertes – Fest und Feiern auf den Gräbern: Auch in deutschen Grabeskirchen?“ rundeten die Veranstaltung inhaltlich ab.
Bilder: © Steffi Sieger-Bücken